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AKTIE IM FOKUS 3: Commerzbank mit Übernahmefantasie wegen Unicredit-Beteiligung

11.09.2024 13:45:38

(Neu: 19 Prozent Spitzenplus, Analystenstimmen, einige Mehrinfos und Neufassungen)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Eine hohe Beteiligung der Unicredit hat am Mittwoch bei der Commerzbank Übernahmespekulationen hochkochen lassen. Spürbar waren diese an einem immer größer werdenden Kurssprung, der am frühen Nachmittag zeitweise 19 Prozent betrug. Bis zu 15 Euro wurden im Verlauf für die Aktien gezahlt, deren Kurs wieder das Niveau von Anfang August erreichte. Zuletzt betrug das Commerzbank-Plus dann knapp 17 Prozent auf 14,73 Euro. Die Papiere der Unicredit bewegten sich in Mailand moderat im Plus.

Nach dem Erwerb von Staatsanteilen hält die Unicredit rund neun Prozent an der Commerzbank, womit sie mit einem Schlag zum zweitgrößten Aktionär aufsteigt neben dem deutschen Staat, dessen Anteil auf 12 Prozent sinkt. Die Italiener schlugen nicht nur bei dem vor einer Woche angekündigten Verkauf von Aktien durch den Bund zu, sondern kauften auch Anteile am Markt. Zudem ist eine weitere Aufstockung denkbar, denn die italienische Bank will bei den Aufsichtsbehörden die Genehmigung beantragen, bei Bedarf mehr als 9,9 Prozent der Commerzbank übernehmen zu dürfen.

Die deutsche Finanzagentur hatte am Vorabend mitgeteilt, dass sie ein Paket von 4,5 Prozent für etwas mehr als 700 Millionen Euro an die Unicredit abgab. Der Zuteilungspreis lag mit 13,20 Euro je Aktie über dem Vortags-Schlusskurs von 12,60 Euro. Dies überrascht, sind bei solchen Platzierungen doch eher Abschläge üblich. Laut Mitteilung hatte die Unicredit alle übrigen Angebote innerhalb des Bookbuilding-Verfahrens überboten.

"Die Aussage der Unicredit, dass sie ihren Anteil an der Commerzbank möglicherweise noch weiter erhöhen wird, könnte zu Spekulationen über eine vollständige Übernahme führen", hieß es von einem Börsianer. Ein weiterer Händler merkte an, dass der Unicredit-Chef Andrea Orcel Anfang des Jahres angedeutet habe, dass Übernahmen für die italienische Bank attraktiver werden könnten. Hugo Cruz von Keefe Bruyette & Woods glaubt, dass eine vollständige Commerzbank-Übernahme finanziell und strategisch sinnvoll wäre.

Analyst Philipp Häßler von der DZ Bank zeigte sich in einem ersten Kommentar überrascht vom Geschehen und betonte, die Übernahmefantasie sei zurück. Er berücksichtigte diese in einer Studie vom Mittwoch gleich mit einer 10-prozentigen Übernahmeprämie und schraubte den fairen Wert der Aktie auf 19,60 Euro nach oben. Dieser suggeriert noch Luft nach oben für den Kurs und rechtfertigt in den Augen von Häßler weiterhin eine Kaufempfehlung.

Häßler betonte, mit 0,6 sei das Kurs-Buchwert-Verhältnis auch nach dem heutigen Kursanstieg weiterhin attraktiv für einen Käufer. Er sieht in dem Anteilserwerb "einen geschickten Schachzug", da die Italiener sich entweder für eine spätere Übernahme positionierten oder bei einer Übernahme durch einen Dritten zumindest mitreden könnten. Er interpretiert den Paketverkauf auch so, dass der Bund keine Einwände gegen die UniCredit zumindest als neuen Großaktionär hat.

Allerdings gebe es zahlreiche Beispiele dafür, dass Banken Minderheitsbeteiligungen an anderen Finanzinstituten besitzen, sodass ein vollständiges Übernahmeangebot hier keineswegs eine ausgemachte Sache sei, hatte ein Händler am Morgen allerdings noch erwähnt.

"Die UniCredit wird mit der Commerzbank AG zusammenarbeiten, um wertschöpfende Möglichkeiten für alle Stakeholder beider Banken auszuloten", hieß es von dem italienischen Finanzkonzern. Dieser betonte gleichwohl, dass der Kauf der Commerzbank-Anteile zwar die Kernkapitalquote mit rund 15 Basispunkten beeinflussen werde, sich an der Ausschüttungspolitik aber nichts ändern werde.

Von der Commerzbank wurde außerdem bekannt, dass es auf absehbare Zeit einen Chefwechsel geben wird. Manfred Knof wird das Frankfurter Bankhaus Ende 2025 verlassen und so soll schleunigst mit der Suche nach einer Nachfolge begonnen werden. Ein Händler sieht in der Finanzchefin Bettina Orlopp eine starke Kandidatin für seine Nachfolge.

Die Unicredit und die Commerzbank gehörten in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und in der EU-Schuldenkrise Anfang des vergangenen Jahrzehnts zu den größten Verlierern am Aktienmarkt. Die Aktienkurse beider Institute waren zeitweise um mehr als 90 Prozent gefallen. Inzwischen hat sich die Lage unter anderem wegen der zuletzt wieder deutlich höheren Zinsen massiv verbessert. Bei der Unicredit fiel die Erholung allerdings deutlich stärker aus.

Der Kurs der Unicredit-Aktie hat sich seit dem Rekordtief im Frühjahr 2020, als der Kurs im Corona-Crash bis auf fast sechs Euro gefallen war, in etwa versechsfacht. Die Bank ist inzwischen wieder fast 60 Milliarden Euro wert und könnte sich damit eine Übernahme der Commerzbank leisten. Der Kurs des Frankfurter Bankhauses hat sich seit März 2020 zwar auch mehr als vervierfacht, die Marktkapitalisierung lag aber am Vortag mit knapp 15 Milliarden Euro noch bei rund einem Viertel des Unicredit-Börsenwerts./tih/zb/mis

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