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ROUNDUP/Australien: Social-Media-Verbot für unter-16-Jährige startet

Wed Dec 10 07:04:58 CET 2025

SYDNEY (dpa-AFX) - Australien schreibt Geschichte im digitalen Kinderschutz: Ab sofort dürfen Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren keine eigenen Konten mehr auf vielen großen Social-Media-Plattformen besitzen. Dies betrifft zehn Dienste, darunter Instagram, Tiktok, Snapchat, Facebook, Youtube, X, Reddit und Twitch.

Das kontroverse Gesetz war bereits Ende 2024 verabschiedet worden und ist am Mittwoch (Ortszeit) trotz Kritik und einer Klage vor dem Obersten Gericht in Kraft getreten. Fast alle großen Parteien hatten den Vorstoß von Regierungschef Anthony Albanese im Parlament unterstützt. Die Plattformen bekamen zwölf Monate Zeit, um die neue Altersbeschränkung umzusetzen.

Ziel ist es, Kinder und Jugendliche vor den Risiken zu schützen, die mit Social Media verbunden sind - etwa übermäßiger Bildschirmkonsum, Cyber-Mobbing und andere Inhalte, die sich negativ auf psychische Gesundheit und Wohlbefinden auswirken können.

"Normale Kindheit" statt Endlos-Scrollen

Die Online-Sicherheitsbeauftragte Julie Inman Grant sagte, ein späterer Zugang zu sozialen Medien schenke jungen Menschen "wertvolle Zeit", sich ohne die "mächtigen, unsichtbaren Kräfte der undurchsichtigen Algorithmen und endlosen Scroll-Funktionen" zu entwickeln.

Albanese bezeichnete soziale Medien als "Geißel", die junge Menschen von einer normalen Kindheit mit echten Freunden und echten Erfahrungen fernhalte. "Wir wollen, dass unsere jüngsten Australier mehr Zeit draußen verbringen, Sport treiben, in normaler Weise miteinander umgehen - und weniger Zeit online sind." Mit dem Gesetz wolle die Regierung Eltern in Australien bei diesen Bemühungen den Rücken stärken.

Plattformen drohen Geldstrafen

Die Verantwortung liegt dabei ausdrücklich bei den Plattformen, nicht bei Eltern oder Jugendlichen. Wer unter 16 ist, wird nicht bestraft, wohl aber die Dienste, wenn sie die Vorschriften missachten. Plattformen, die Altersprüfungen unterlassen, müssen mit saftigen Bußgeldern von bis zu 49,5 Millionen australischen Dollar (27,9 Millionen Euro) rechnen.

Ausgenommen von dem Verbot sind Messaging-Dienste, E-Mail, Sprach- und Videoanrufe, Online-Spiele und Bildungsangebote. Beliebte Spieleplattformen wie Roblox und Apps wie Whatsapp oder Messenger fallen - zumindest bisher - nicht unter die neue Regelung.

"Wie in Orwells "1984""

Erst Ende November war vor dem Obersten Gericht in Canberra von der Organisation "Digital Freedom Project" Klage gegen das Verbot eingereicht worden. Zwei 15-jährige Jugendliche treten als Kläger auf. Die Gruppe argumentiert, das Verbot sei übertrieben und ein "direkter Angriff auf das Recht junger Menschen auf freie politische Kommunikation". Die junge Klägerin Macy betonte, das Gesetz erinnere an George Orwells Roman "1984", in dem eine totalitäre Überwachungsgesellschaft beschrieben wird.

Aber nicht nur Jugendliche, sondern auch Fachleute und Kritiker sind skeptisch. Viele sagen, Teenager würden lediglich auf andere Dienste ausweichen, etwa Gaming- oder Messaging-Plattformen, wo Risiko und Kontrolle noch schwieriger seien. Andere sagen, die Regierung hätte nicht in ein Verbot investieren sollen, sondern in Programme, die Kindern helfen, sich in den sozialen Medien sicher zu bewegen.

Die australische Menschenrechtskommission (AHRC) ist ebenfalls überzeugt, dass ein generelles Verbot nicht die richtige Antwort ist: "Es gibt weniger restriktive Alternativen, die das Ziel, Kinder und Jugendliche vor Gefahren im Internet zu schützen, erreichen könnten, ohne andere Menschenrechte so stark einzuschränken." Eine Alternative wäre demnach, Tech-Unternehmen eine gesetzliche Sorgfaltspflicht aufzuerlegen. "Diese würde sie verpflichten, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Produkte für Kinder und Jugendliche sicher zu gestalten", so die AHRC.

Wie wird das Alter überprüft?

Online-Dienste wie Snapchat hatten kurz vor dem Start Hunderttausende Nutzerinnen und Nutzer dazu aufgefordert, ihr Alter nachzuweisen. Die Hinweise wurden an Accounts verschickt, auf denen nach Einschätzung von Snapchat vermutlich unter 16-Jährige aktiv sind. Die Plattform nutzte dafür "verhaltensbasierte Signale" aus den Aktivitäten sowie selbst angegebene Altersdaten.

Betroffene Userinnen und User bekamen aber die Möglichkeit, im Vorfeld eigene Daten wie Chats, Erinnerungen oder Videos herunterzuladen. Ab sofort sind die Konten gesperrt - und bleiben es, bis die Nutzer 16 werden.

Premier Albanese räumte zuletzt in einem Interview mit dem Sender 7News ein, dass das Gesetz sicher nicht perfekt sei, aber helfen werde, Online-Mobbing einzudämmen und junge Leben zu retten. "Wir sind hier weltweit führend, aber die Welt wird Australien folgen", ist er überzeugt.

Werden andere Länder folgen?

Diskussionen gibt es mittlerweile in vielen Ländern. Das EU-Parlament stimmte erst kürzlich mit deutlicher Mehrheit für die Forderung nach einem EU-weiten Mindestalter. Der verabschiedete Bericht hat aber bislang keine bindende Wirkung. Die Regierung in Dänemark einigte sich zuletzt mit weiteren Parlamentsparteien darauf, eine nationale Altersgrenze von 15 Jahren für den Zugang zu bestimmten sozialen Medien einzuführen.

In Deutschland gibt es derzeit kein gesetzlich festgelegtes Mindestalter für User. Theoretisch müssten die Eltern von Jugendlichen unter 16 Jahren der Nutzung zustimmen - jedoch wird dies nur selten verifiziert, zudem können Geburtsdaten bei der Registrierung leicht gefälscht werden. Der Bundesdrogenbeauftragte Hendrik Streeck (CDU) sprach sich zuletzt für Altersfreigaben und Schutzmechanismen nach FSK-Vorbild aus (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft).

Aus Sicht von Schülern in Deutschland ist die australische Regelung der falsche Weg. "Die erste Lösung eines Bildungspolitikers kann nicht sein, wir verbieten irgendetwas. Die erste Lösung ist immer Bildung, also jungen Menschen Kompetenzen zu vermitteln", sagte Quentin Gärtner von der Bundesschülerkonferenz. "Entscheidend ist, dass mir als junger Mensch beigebracht wird, wie ich mich in den sozialen Medien verhalte", sagte er der Deutschen Presse-Agentur./cfn/DP/zb

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